Vom Samen zum Samen – der ewige Kreis des Chililebens

Wenn wir Chilis anbauen, beginnt alles mit der Aussaat der Samen, die wir dabei in kleinen Abständen jeweils etwa einen halben Zentimeter tief in der Aussaaterde platzieren. Aber wieso funktioniert das überhaupt und wie kommt das Erbgut in die Samen? Ein schärferer Blick in diese Materie erklärt, wie das läuft und was Hybride sind..

Beginnen wir mit den Grundlagen. Ein Chilisamen ist folgendermaßen aufgebaut: Er wird umhüllt von der Samenschale und darin eingeschlossen befindet sich das Nährgewebe, in dem sich wiederum der Pflanzenembryo befindet. Dieser besteht aus vier Komponenten: Den Keimblättern, dem Vorläufer der Sprossachse, der Wurzelanlage und dem Gewebe, das die Anlage der ersten Laubblätter trägt. 

Die Samenschale (Testa) dient als Schutz gegen äußere Einflüsse und Wasserverlust. In Chilisamen ist nur sehr wenig Wasser enthalten, damit sie lange überdauern können. Sie werden erst bei Wasserzufuhr von außen zum Quellen gebracht. Der Samen treibt allerdings erst aus, wenn bestimmte Umwelteinflüsse gegeben sind. Bei den Chilis sind das je nach Sorte Temperaturen zwischen 22 und 30°C und ein feuchter Boden. Als Dunkelkeimer müssen sie einerseits bedeckt sein, dürfen aber auch nicht zu tief liegen, sodass noch ausreichend langwelliges Licht auf den Samen einwirkt. So stellt die Chilipflanze sicher, dass sie nicht zur falschen Jahreszeit oder bei anderweitig schlechten Wachstumsbedingungen austreibt und dann nicht überleben kann.

Das Protein FLOE1 wurde im Samen bereits als ‚Wassersensor‘ entdeckt. Es wirkt keimhemmend bzw. -verzögernd, solange es zu trocken ist und im feuchten Milieu setzt in diesem Protein ein biophysikalischer Prozess ein, der die Keimhemmung aufhebt – es treibt die Keimung also nicht aktiv an. Bei dem Prozess bildet FLOE1 Kondensate, sodass eine Phasentrennung stattfindet. Bei wiederkehrender Trockenheit ist diese reversibel, wodurch die Keimung wieder ausgebremst wird.[1]

Diese Entdeckung ist noch recht neu. Es ist also anzunehmen, dass auch für die anderen Umwelteinflüsse Sensoren im Samen arbeiten, die bisher noch unbekannt sind.

Wenn die Keimung beginnt, öffnet die Wurzelanlage (Radicula)die Samenschale immer als erstes. Jede Keimung beginnt also unterirdisch mit der Bildung von Wurzeln, um so die Pflanze im Boden zu verankern und um eine bessere Wasserversorgung sicherzustellen.

Bei Chilis setzt im Anschluss die sogenannte epigäische, bzw. oberirdische Keimung ein. Das bedeutet, dass zunächst die Sprossachse stark mit einer 180°-Biegung über die Erdoberfläche wächst und sich dann aufrichtet und dabei die Keimblätter (Kotyledonen) nachzieht. Die Keimblätter sind bereits in der Lage, Photosysnthese zu betreiben und sterben ab, sobald sich die ersten richtigen Blätter soweit entwickelt haben, dass sie die Pflanze eigenständig versorgen können.[2]

Woher kommen die Chilisamen?

Chilisamen hängen, wie wir bereits wissen, an der Plazenta der Chilisfrüchte. Sie entstehen bei der Befruchtung der Blüte und entwickeln sich gemeinsam mit der Frucht. Da Chilis zwittrige Blüten tragen, kann die Befruchtung durch Pollen derselben oder einer anderen Chilipflanze erfolgen. Die Aufgabe der Frucht ist die Versorgung der Samenkörner mit den nötigen Bildungssäften über die Plazenta. Darüber hinaus bildet die Frucht eine schützende Hülle und soll sich Vögeln gegenüber schmackhaft zeigen, wenn die Samen keimfähig sind. So sieht die Natur die Fortpflanzung der Chilis vor.

Die Merkmale der Frucht sind Bestandteil der Erbanlage der Mutterpflanze. Für den Konsumenten der Frucht ist es daher egal, ob eine Fremd- oder Eigenbestäubung stattgefunden hat. Für die Samen hingegen ist es entscheidend. Die Samen enthalten das Erbgut beider Elternpflanzen. Beim Anbau mehrerer unterschiedlicher Chilipflanzen ist daher Vorsicht geboten, wenn ihr die Samen aus den Früchten wiederverwenden wollt. Es kann gut sein, dass ihr aus euren gelben Habanerofrüchten keine Habanerosamen, sondern beispielsweise Samen für eine Kreuzung aus gelbem Habanero und Lemon Drop bekommt – einen sogenannten Hybriden. Andererseits wisst ihr nicht, was ihr wirklich für eine Sorte habt, solange ihr sie nicht in der Blütenphase streng voneinander getrennt oder mit Pflanzennetzen gearbeitet habt.

Die Qualität der Samen wird maßgeblich von der Mutterpflanze mit beeinträchtigt – bzw. durch die Rahmenbedingungen, die ihr ihnen gewährt. Wenn die Pflanze eine Unterversorgung von Licht, Nährstoffen oder Wasser erfährt, kann sie weniger Nährstoffe zur Bildung der Samen weitergeben. Die Früchte würden jedoch ebenso darunter leiden, wodurch die Natur sicherstellt, dass erstrangig die besten Früchte verspeist werden und dadurch auch vor allem die potentesten Samen ausgebreitet werden.[3]

Welche Arten lassen sich kreuzen?

Wenn ihr entschieden habt, dass ihr mal was neues ausprobieren wollt, dann könnt ihr euch gerne an das Kreuzen heranwagen, wenn ihr es nicht eh schon mal gemacht habt. Am besten lassen sich Chilisorten derselben Art miteinander kreuzen. Bei C. pubescens ist sogar ausschließlich diese Art der Kreuzung möglich. C. annuum und C. chinense lassen sich artenübergreifend auch sehr gut kreuzen. Bei allen anderen Kombinationen von C. annuum, C. baccatum, C. chinense und C. frutescens stellt sich eine Kreuzung deutlich komplizierter, aber möglich dar. Also eher nichts für Einsteiger.[4]

Einen Überblick über die unterschiedlichen Chiliarten habe ich hier bereits einmal für euch zusammengetragen.

Nun wisst ihr, warum ein Samen wann austreibt, wie das Erbgut der Samen zustande kommt und welche Arten ihr miteinander kreuzen könnt. Auf die Befruchtung und das Kreuzen inklusive anschließendem Stabilisieren einer Sorte werde ich in weiteren Beiträgen in diesem Jahr noch einmal tiefer eingehen.

Quellen

Schreibe einen Kommentar